Ich frühstücke dann aber doch irgendwann, mal wieder in Obz Cafe. Währenddessen ... lese ich natürlich auch ein bißchen.
Das nächste ist der schon zur Routine gewordene Gang zum Internetcafe, um Emails im allgemeinen und Antwort-Emails auf meine Unterkunftssuche im speziellen zu lesen. Wegen Unterkunft sieht es ziemlich mau aus, aber zwei der Angemailten haben mich im Lauf des Vormittags angerufen. Beide sind in Rondebosch, sogar recht nahe beieinander, und ich verabrede Besichtigungstermine, einmal 15.30 Uhr, einmal 16.00 Uhr.
Kurz nach der Mittagszeit bin ich mit Emails und Telefonieren fertig und einigermaßen willens, das Buch auf der Seite liegen zu lassen. Ich begebe mich ins Auto und fahre in Richtung der Voortrecker Road. Vorher fahre ich noch am St. Peters Square vorbei an der Main Road, da gibt es die üblichen Supermärkte und auch einen Schreibwarenladen, um endlich eine Straßenkarte zu kaufen. Kostet unverschämte 150 Rand (15 Euro!) - ich erwarte wohl mittlerweile auch bei Straßenkarten die etwas niedrigeren Preise in Südafrika.
Die Voortrekker Road beginnt im Norden von Observatory an einem Kreisverkehr und erstreckt sich dann in nordwestlicher Richtung fast schnurgerade für 10 oder 15 km. An dieser Straße scheint es alles zu geben, was mit fahrbaren Untersätzen zu tun hat, Werkstätten, Autohändler, Schrottplätze, Tankstellen, Imbissbuden, darüberhinaus Läden mit allerlei Kruscht, z.B. auch Möbel und Elektrogeräte. Viele Geschäfte sehen ein bißchen runtergekommen aus. Ich konzentriere mich auf die Angebote an gebrauchten Autos, und da gibts z.T. unglaubliche Schnäppchen, bei denen dann aber der Zustand auch entsprechend ist; könnte durchaus sein, dass das ein oder andere Auto aus zwei Schrottautos zusammengesetzt wurde.
Leider muss ich schon beim ersten Autohändler feststellen, dass Samstag Nachmittag schlecht ist: Die meisten haben ab 13.00 Uhr geschlossen. Der Händler verweist mich auf Sonntag Nachmittag, wenn viele der Händler bis 16.00 Uhr geöffnet haben. Ich schaue mich noch ein bißchen um, dann mache ich mich auf den Weg nach Rondebosch.
Bei der Suche nach der ersten Unterkunft lande ich in einem wunderschön herausgeputzten Anwesen, wie ein kleiner Park, mit großem Eisentor, das automatisch öffnet, fachmännisch gepflegten Rosenstöcken überall, und eindeutig holländischem Stil, mit Reddach, Holztreppchen und schnuckeligem Torbogen zum Durchfahren. Der etwas mürrische Typ, der mir das Tor geöffnet hat, weiß nix von ner Unterkunft und schickt mich durch den Torbogen. Da ist aber niemand zu finden. Also rufe ich mal Carianne an, so heißt die Anbieterin der Unterkunft: Sie erklärt, dass ich am falschen Ende des "Anwesens" bin und dass sie jetzt auf die Straße käme. Um rauszukommen, muss ich den mürrischen Typ wiederfinden und ihn zum Öffnen des Tores veranlassen. Dann sehe ich auch schon Carianne, hat etwa mein Alter, sehr freundlich, und sie lässt sich von mir ans Haus fahren bzw. gleich in eine der beiden Garagen mit automatischem Rolltor hinein. Mich begrüßt gleich die ganze Familie (Eric, der Mann, Blaiq, die ca. 3-jährige Tochter, Tristan, der 18-monatige Sohn, und zwei Labradore, von denen der eine "Uff" heißt). Die wirken alle ziemlich unkompliziert, herzlich, und schubsen mich quasi alle zusammen in das Loft: Ein großes Zimmer mit wegklappbarer Trennwand, Strahler von der Decke, dunkles Holz und rohe Ziegelsteinmauern, ringsum große Fenster, sauberes Bad, Küche im Schrank versteckt, mit drahtlosem Internet und Glotze. Ich bin begeistert, und als ich den Preis höre (1375 Rand pro Woche) sage ich sofort zu, kündige mich für Mittwoch, 8.30 Uhr, an, und fange gleich an, mich auf meinen Einzug zu freuen.
Ich sage Rehana (so heißt die Vermieterin der anderen Unterkunft) ab und fahre zurück in mein kaltes, fensterloses Zimmer. Die beiden Mädels sind mittlerweile ausgezogen, so schnappe ich mir gleich den Heizofen, ruh mich noch ein bißchen aus und bereite mich auf das Abendprogramm vor: Bereits am Donnerstag hat mich meine neue Kollegin Kechil (gesprochen 'Kätschil') ins "Royal Observatory" eingeladen: Das ist das astronomische Observatorium, das dem Stadtteil seinen Namen gab: Es ist daher auch nur 2 Minuten mit dem Auto entfernt, und dort ist an jedem zweiten Samstag im Monat eine Art "Tag der offenen Tür".
Bemerkung zum Autofahren: Auch wenn es zu Fuß nur 15 Minuten gewesen wären, um zum Observatorium zu kommen, so würde hier niemand ernsthaft auf die Idee kommen, zu Fuß zu gehen (außer man hat nur die Füße): Der Fußweg geht an ner großen, schlecht beleuchteten Straße vorbei, und im Dunkeln wird sowas als zu gefährlich eingeschätzt: Gemäß dem Motto "Gelegenheit macht Diebe" (bzw. Räuber) geht man hier wohl davon aus, dass man mit so einem Verhalten eben genau so eine Gelegenheit schaffen würde, von der auf der Straße Lebende Gebrauch machen könnten. Eigentlich weiß ich nicht wirklich, ob diese Angst berechtigt ist, aber ich kann es mir schon vorstellen, ... und dann setz ich mich eben auch für die kurze Strecke ins Auto. Davon abgesehen habe ich in Obs überhaupt nicht den Eindruck, dass es in den (beleuchteten) Straßen gefährlich ist, im Dunkeln rumzulaufen.
Also, mit dem Auto zum Observatorium. Dort angekommen, begebe ich mich in den Raum, in dem schon ein paar Dutzend Andere (Familien mit Kindern, ein paar wenige Touristen, Pärchen) versammeln. Der Raum ist die alte Bibliothek, zweistöckig, ringsrum Bücherschränke aus dunklem Holz mit Glastüren. Sieht sehr wissenschaftlich und irgendwie "britisch" aus. Kurz nach 20 Uhr beginnt einer der Astronomen mit einer kurzen Einführung, wobei er erklärt, dass das Observatorium (und damit auch die Bibliothek) im Jahr 1820 von den Briten gegründet wurde, um Sternkarten von der südlichen Hemisphäre zu erstellen. Die Motivation waren die vielen Handelsschiffe, die mit Mann und Maus und teils wertvoller Fracht rund ums Kap auf Grund gelaufen sind in den Jahren davor: Hätten die Schiffe Sternkarten zur Navigation gehabt (und ein gutes Zeitsignal, denn zur Navigation mit Sternen (oder auch Sonne und Mond) braucht man immer die Zeit als Referenz), wären sie besser ums Kap gekommen. Also hat das Observatorium ca. 10 Jahre damit verbracht, Sternkarten zu malen. Darüberhinaus wurde dann auch ein Zeitsignal installiert, und zwar nicht über GPS-Satelliten, sondern über eine jeden Tag um 12.00 Uhr auf dem "Signal Hill" abgefeuerte Kanone (später aus wohl ökonomischen Gründen war es nur noch ne Pistole): Am Knall und dem aufsteigenden Rauch konnten die vorbeifahrenden oder ankernden Schiffe ihre eigenen Uhren synchronisieren. Als die Karten fertig waren, hat sich das Observatorium mit Forschung in der Astronomie beschäftigt, was es bis heute tut.
Genug Wissenswertes erläutert! Im Anschluß gab es einen 20-minütigen Vortrag über Astronomie im Allgemeinen und das neue SALT (South African Large Telescope) im Besonderen: Das SALT ist seit 2005 das größte Teleskop in der südlichen Hemisphäre, und der ganze Stolz der am Observatorium Arbeitenden; es steht aber nicht hier, sondern ein paar hundert Kilometer weiter in den Bergen, wo die Luft sauberer ist und nicht so viele Stadtlichter stören.
Jetzt kommt der eigentlich schönste Teil: Verteilt auf dem Gelände stehen einige große, festinstallierte Teleskope, und auch einige kleine mobile, wobei jedes von einem Astronom betreut wird, der Fragen von den Besuchern erwartet. Die Fragen lassen auch nicht lange auf sich warten, und ich lausche gespannt den Antworten zu Galazien, "Clusters", Entfernungen, Supernovas - und stelle selbst ein paar Fragen. Man merkt, dass den Astronomen ihre Arbeit und das Erklären ihres Fachgebiets Spass macht.
Kechil war auch dabei, aber nur am Anfang: Sie hatte Besuch zu Hause, zu dem sie wieder zurückwollte, und war quasi mir zu Liebe gekommen. Als ich das kapiert habe, hab ich sie versucht heimzuschicken, wobei sie offensichtlich mindestens so begeistert von Astronomie ist wie die Astronomen (und auch mit denen bekannt), so dass sie doch einige Zeit blieb.
Ich bleibe fast bis 23.00 Uhr, dann gehe ich mal wieder in die Lower Main Road, um noch was zu Essen, diesmal in dem mexikanischen Lokal: Mich spricht ein trinkfreudiger, 20 Jahre junger Namibianer an, der wohl einfach Lust hat, sich zu seinem Bier auch noch zu unterhalten. Als er erfährt, dass ich aus Deutschland komme, möchte er die Meinung der Deutschen zu Hitler und auch meine Meinung wissen. Er druckst etwas herum, äußert dann aber, dass er manche Sachen an Hitler schon ganz toll findet, nur das mit den Millionen Juden umbringen, das war wohl nicht so gut. Ich versuche ihm klarzumachen, dass es nach meiner Meinung noch ein paar andere Dinge gibt, die nicht ganz ok waren; nichtsdestotrotz sehe ich aber auch sein außerordentliches Talent als Demagoge. Der Namibianer erklärt unter anderem auch, dass er ja schon findet, dass Schwarze, Farbige und Weiße irgendwie alle Menschen seien, aber die meisten Verbrechen würden eben nicht von den Weißen begangen. Er weist darauf hin, dass er in seinem Dorf in Namibia Leute kennt, die z.B. bei einem Besuch von der Stadtverwaltung (zwei Angestellte, einer Weiß, einer Schwarz) das Glas Wasser für den Schwarzen vorher markiert hätten, damit sie es wiedererkennen; wofür, hab ich nicht verstanden, vielleicht um es besonders gründlich abzuwaschen? Er erklärt, dass er da ja viel liberaler sei, dass aber auf dem Land es heute eben noch so zugehe.
Nach dieser etwas abenteuerlichen Diskussion bin ich reif fürs Bett, wohin ich mich auch direkt begebe ... zu Fuß diesmal, sind ja nur zwei Minuten.
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