Sunday, November 11, 2007

Kängurus in Kapstadt?

Die Entscheidung, nach Kapstadt zu ziehen, haben Pedi und ich getroffen, nicht Carla. Der Einfluss dieser Entscheidung auf sie ist aber groß (wäre aber wohl noch größer, wenn sie schon älter wäre): Sie hat grade erst begonnen, ein bißchen zu sprechen (in Deutsch), und schon wird sie zusätzlich herausgefordert durch ein Land, in dem es 11 offizielle Sprachen gibt, und keine davon ist gleich der zu Hause gesprochenen... (Was hat das mit Kängurus zu tun? Kommt noch!)

Die wichtigste Sprache im heutigen Südafrika (und ganz bestimmt in Kapstadt) ist Englisch. Also macht es Sinn, wenn Carla diese Sprache möglichst bald lernt - haben wir uns gedacht, und uns daher frühzeitig um eine Möglichkeit bemüht, Carla englisch-sprechend mit anderen Kindern in Kontakt kommen zu lassen: In Deutschland wäre das wohl ein Kindergarten ab ca. 3 Jahren, hier ist das anders: Kinderbetreuung vom Krabbelalter an geht mehr oder weniger fließend über in spielerisches Lernen, mit Schulpflicht ab sechs Jahren, was dann "Primary School" heißt.

Ziemlich in Mode scheint hier "Montessori" zu sein, siehe http://en.wikipedia.org/wiki/Montessori, vielleicht kann man es auch als "Waldorf light" bezeichnen. So furchtbar wichtig finden wir die "Philosophie" einer Schule erstmal nicht, abgeneigt waren wir aber trotzdem nicht, die von unserer neuen Bleibe aus nächstgelegene Montessori-Schule zu besichtigen, die Kinder ab einem Alter von 12 Monaten aufnimmt.

Die Besichtigung war vereinbart für einen Freitag Morgen, die Schulleiterin namens Jenni nahm uns drei und eine Mutter in Empfang, um uns alles zu zeigen, beginnend bei den zwei Gruppen für Ein- bis Dreijährige, endend bei den Neunjährigen: Alles machte einen ziemlich geordneten Eindruck, jede Klasse hatte mindestens zwei Lehrer (als "Directress" und "Assistant" bezeichnet), und es kam uns im Bezug auf Hautfarben und Kulturen ziemlich kunterbunt vor, sowohl bei den Lehrerinnen (es gibt wohl nur ...innen in dieser Schule?) als auch bei den Schülern: "Bleiches" europäisches Weiß über Indisch und Asiatisch bis total-afrikanisches Kohlrabenschwarz... Die Schulleiterin Jenni schien den ganzen Laden gut im Griff zu haben, sie wies nebenbei die ein oder andere Directress zur Ordnung während unserer Führung, schien aber auch viel Wärme den Kindern und Kolleginnen entgegenzubringen. Nach über einer Stunde Besichtigung hatten wir einen umfassenden und sehr positiven Eindruck, verabschiedeten uns - und hatten bereits am Nachmittag einen Anruf von Jenni: Es sei grade zufällig ein Platz frei geworden, ob wir uns schon entschieden hätten, Carla könnte ab Dienstag anfangen.

Nach einer Stunde Bedenkzeit sagten wir zu: Sooo schnell wollten wir Carla zwar gar nicht "abgeben", doch auf der anderen Seite kann es nur hilfreich sein, auf diese Weise schnell in die englische Sprache reinzukommen. Und das Schulgeld können wir uns auch grade noch leisten. Weiterer Pluspunkt: Das Schuljahr endet Ende November, das nächste beginnt erst Mitte Januar, also wenn sie gleich die "Schule" besucht, hat sie noch 6 Wochen vor den "großen Ferien"!

Also ist der nächste Dienstag schon Carlas erster "Schultag": Eine Schuluniform gibt es nicht, aber eine Schulmütze in grün mit dem Logo der Schule gehört dazu, und so bereitet sich Carla mit Säckchen mit dem Nötigsten (Windeln, Wechselklamotten, nem Schnuller für den Notfall, ...) und der Mütze auf ihre erste Fahrt zur Schule vor:

Carlas erster Schultag

So, thematisch nähern wir uns jetzt langsam den Kängurus ;-)

Zum Schuljahresende gibt es ein sog. Konzert, also eine Aufführung der gesamten Schule, bei der jede Klasse ihren Beitrag leistet - auch die Klassen der Kleinsten: Alle Klassen haben Namen, die zwei Klassen der Ein- bis Dreijährigen sind nach Insekten benannt, Carlas Klasse heißt "Ladybirds" ("Marienkäfer"). Die Proben für das Konzert haben natürlich an Carlas "erstem Schultag" schon längst begonnen ...

Die Leiterin der Ladybird-Gruppe lässt Carla an den umfangreichen Proben für das Konzert einfach mitmachen; so wahnsinnig schwierig ist das auch nicht, denn von den Kleinsten wird bzgl. Text und Choreografie noch nicht so furchtbar viel erwartet: Das Motto des Konzerts ist "Amazing Journey around the World", also passt so ziemlich alles von dieser Welt hinein in die Konzert-Reise, und die Gruppe der Ladybirds tritt auf als ... Kängurus! Kängurus in diesem Fall haben braune Ohren, ein braunes Fell (können auch ein entsprechend farbiges T-Shirt und ne passende Hose sein), Text gibt es keinen, und die Choreografie besteht aus Rumhüpfen und Klatschen.

Bei den Proben scheint Carla sich ausreichend zu beteiligen, hat wohl ihren Spass dabei, und so darf sie auch beim großen Auftritt am 27. Oktober dabei sein. Der Aufführungsort ist das Auditorium der "Bishop's High School" in der Nähe, eine wunderschön gelegene elitäre Jungen-Schule. Damit die Aufführung auch insgesamt auf der für die Kinder ungewohnten Bühne klappt, gibt's am Freitag vorher eine Generalprobe, die Carla und ihre Mit-Kängurus nicht witzig finden (sie weint eigentlich nur und will weg...), aber nichtsdestotrotz (oder grade deswegen) klappt die eigentliche Aufführung ganz gut: Und als sogar Mama sich zum Häschen (äh, Känguru) macht, kann wirklich nichts mehr schiefgehen, seht selbst:

Sunday, November 4, 2007

Nationalpark "Behinderte Schildkröte"

Tja, so richtig läuft das ja nicht zur Zeit mit diesem Weblog: Ich bin ziemlich hintendran von unseren Erlebnissen zu berichten, aber auf der anderen Seite: Sooo spannende Sachen gibt es gar nicht zu berichten. Wir haben ein neues Zuhause gefunden (ab 1. November), wir tun was für Carlas Kontakte (und ein bißchen auch für Pedis), meine Arbeit sieht nach wie vor gut aus, etc. etc.

Und außerdem: Liest das hier überhaupt noch jemand? Ich habe so meine Zweifel. Der letzte, der es liest, kann ja mal nen Kommentar hinterlassen, bitte?

Die kleinen Erlebnisse des vergangenen Sonntags will ich aber dennoch kurz schildern und mit ein paar Bildern belegen. Falls sich jemand an den allerersten Eintrag erinnert: Ich schreibe das Ganze ja auch für mich, quasi gegen meine eigene Vergesslichkeit ;-)

Seit einem Monat sind wir in Afrika ... und haben die Stadt noch kaum verlassen. Das ist für sich genommen noch nicht wirklich schlimm, weil uns Kapstadt gut gefällt; sonst wären wir nicht hierher. Und bisher wurden wir auch nicht enttäuscht: Am Samstag hatten wir z.B. eine kleine Farm mit "Streichelzoo" für Carla besucht, dann ein Drachenfestival (also, viele Menschen mit fliegenden Drachen an Schnüren), das Ganze in der großen "False Bay" mit Tafelberg und blauem Himmel als ständiger Kulisse. Dennoch: Wir wollten auch mal raus, z.B. Tiere anschauen, denn zumindest von Bildern wissen wir, dass es in Afrika exotische Exemplare gibt.

Eine schöne Möglichkeit scheint uns der "West Coast National Park" zu sein, ca. 90 Minuten nördlich von Kapstadt (und damit logischerweise an der Atlantikküste). Eine Internetseite hatte er auch (aber nicht so aussagekräftig), und so sind wir halb neun morgens los, mit Fotoapparat und Kamera bewaffnet (und Sandeimer und -schaufel für Carla).

Nach 25 Minuten Fahrt wirds gemütlich, die Strasse schnurgerade mit wenig Verkehr, die Landschaft karg, buschig, mehr und mehr in eine Art Heidelandschaft übergehend. Unterwegs sehen wir die ein oder andere private Jagd- oder Tierzuchtfarm, am Eingang zum Nationalpark gibt es ein Häuschen, einen Obulus von 20 Rand (ca. 2 Euro) pro Erwachsenem, und schon sind wir drin.

Die Landschaft geht für ein paar Kilometer weiter wie bisher, nur dass die Zäune fehlen, und plötzlich die ersten Tiere! Eine Straußenfamilie kreuzt unseren Weg, und wir müssen bremsen. Na, fängt ja schonmal gut an. Pedi liest aus dem Nationalpark-Flyer vor, dass es hier Löwen und Nilpferde und Elefanten ... gab - vor 300 Jahren. Na gut, dann gibts ja bestimmt genug andere Tiere hier, wenn die Enden der Ernährungskette fehlen...

Erstmal steuern wir das Informationszentrum an. Das ist ein schönes Farmgebäude in holländischen Stil am südlichen Ende der Lagune, davor parken ganze zwei Autos. Es pfeift ein noch recht frischer Wind, und wir betreten in Jacken den Vorhof, gehen auf die rückseitige Terrasse, wo erstaunlicherweise ca. drei Tischen besetzt sind und Gäste ihr Frühstück zu sich nehmen. De Spielplatz hat ein Zebra ... aber nur als Schaukelpferd, was Carla aber vermutlich länger begeistert als ein echtes Zebra es getan hätte.

Carla reitet auf einem (fast echten) Zebra

Vom zweiten Frühstück (das man auch frühes Mittagessen hätte nennen können) gestärkt spazieren wir über den Spielplatz und über die Wiese zwischen Hof und Lagune zurück Richtung Auto. Und dann... ein Tier! Eine unscheinbare Schildkröte kriecht gemütlich über die Wiese in Richtung Wasser. Carla findest den dahinschlurfenden Stein zumindest ein bißchen spannend, siehe Bild. In diesem Moment kommt eine kleine Gruppe mittelalter Tierbeobachter vorbei, bewaffnet mit Kameras mit sehr langen Objektiven, Fernrohren in Schutzhüllen und Bestimmungsbüchern. Ihrer Hautfarbe und der Kleidung nach haben sie die letzten Monate Höhlentiere unter Tage beobachtet. Eine der älteren Damen wendet sich ebenfalls interessiert der Schildkröte zu, und schlägt gleich in einem ihrer Bücher nach, damit sie das arme Tier auch bei ihrem lateinischen Namen rufen kann. Bedauerlicherweise klappt die Bestimmung aber nicht ganz, da sich die Schildkröte nicht an die Unterseite ihres Halses schauen lässt; die An- oder Abwesenheit eines hellen Dreiecks unten am Hals hätte nämlich erst die Bestimmung eindeutig gemacht. Wir haben das allerdings nicht so sehr bedauert, und als die Gruppe von Tierbeobachtern weitergegangen ist in Richtung von Unterständen zum Vögel-Beobachten, haben wir die Behinderung des armen Tiers festgestellt: Ihr rechtes vorderes Bein funktionierte nicht richtig.

Eine Schildkröte! (Leider etwas behindert…)

Wir fahren weiter. Jetzt begegnen wir alle paar hundert Metern Tieren! Allerdings alles Schildkröten: Man muss ziemlich aufpassen, nicht drüberzufahren, erstens sieht man sie nicht so gut auf der Strasse, zweitens sind sie (wenn sie keine Behinderung haben) ziemlich schnell: Mal schnell in einem Bogen um das Tier herumfahren, könnte fatal enden, wenn so ein bebeinter Panzer plötzlich die Richtung ändern sollte.

Der Weg führt uns mit häufigem Blick auf den Atlantik über sandige Dünen, größtenteils Heide-ähnlich bewachsen. Es wimmelt schon wieder ziemlich, allerdings in erster Linie Vögel (es gibt auch kleinere als Strausse), und wenn man ne halbe Minute aufs Wasser kuckt (Atlantik, nicht Lagune), sieht man auch Wale ihre Flossen lüften; die Entfernung zu den Tieren ist aber so groß, dass es uns nicht langfristig begeistert zuzuschauen.

Es gibt noch eine verschlafene Bucht in der Lagune, in der eine Handvoll Segler ankert, und am Atlantik eine sandstrandige Bucht mit Aussicht auf ein Wrack. Bevor uns zu langweilig wird, drehen wir um (wir sind ja auch schon fast am Ende der Landzunge angekommen, die die Lagune bildet), fahren um die Lagune rum und weiter nach Langebaan, einem mittelgroßen Ferienort, der wohl vor allem von Kapstädtern als Wochenendziel zum Angeln und für Wassersport (Segeln, Kitesurfen) genutzt wird. Die Sonne kommt ein bißchen kräftiger raus, nach einem kurzen Getränk und ein bißchen Bummeln an Souvenierläden entlang begeben wir uns mit Carlas Sandeimer zum Strand. Somit hat Carla zumindest heute einen adäquaten Sandkasten: In Kapstadt sind Spielplätze nämlich selten mit solchen ausgestattet.

Dänischer Strand?

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